Schneeberg Rundwanderung, oder: Der kommerzielle Wahnsinn vor den Toren Wiens

Schneeberg Rundwanderung, oder: Der kommerzielle Wahnsinn vor den Toren Wiens

 

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Am 15. August 2015 beschlossen wir, (Chris, Thomas, Alfred und ich) den Schneeberg zu bewandern. Da er vor den Toren Wiens liegt, sollte er ja ein ideales Ausflugsziel sein, so unser Gedanke. Geplant war, mit der Salamander-Schneebergbahn von Puchberg aus zur Bergstation zu fahren, und dann oben am Plateau weiter über 16,5km unsere Wanderung zu machen. Inklusive Abstieg über den Bahnwanderweg. Doch es wurde dann doch nicht so einfach, wie wir dachten …

Zuerst haperte es an den Bahnkarten. Es gab keine mehr. So planten wir um, und wollten den Bahnwanderweg mit geändertem Treffpunkt hochwandern, und dann eben via Klosterwappen wieder retour nach Puchberg zu gehen. Ich schrieb eine Info aus, wer nun aller dabei sein wolle, damit wir das planen können. Retourmeldung: Keine! Also beschlossen wir den Fußweg. Da meldete sich plötzlich Thomas, und meinte, was er nun mit seiner Karte machen solle. Kommunikation innerhalb des Vereins: Keine! Der eine hat kein Facebook, der andere will sich aus Bequemlichkeitsgründen nicht ins Forum einloggen, der Dritte will nur Mails … so wird das auch in Zukunft nicht funktionieren. Egal. Aufgrund des Anrufs teilte ich Thomas dann mit, er solle ganz normal mit der Bahn hochfahren, und wir treffen ihn oben auf der Bergstation. Für den Aufstieg rechnete ich mit 3 Stunden, und setzte den Treffpunkt für Chris und mich auf 7 Uhr fest. Alfred wollte uns ebenfalls oben treffen, da er für den Schneeberglauf trainierte und den Weg hochlaufen wollte, das war nix für uns.

Am Tag vor der Tour schaute ich zufällig noch auf die Webseite der Schneebergbahn, und sah, dass Züge eingeschoben waren, und noch 2 Karten für den Zug um 9:02 Uhr frei waren. Ich schlug zu, und kaufte diese für Chris und mich. Somit konnten wir uns später treffen und unsere Wandertour wie geplant machen. Ich sag nur: Gott sei Dank haben wir diese Karten erwischt!

Am Samstag trafen wir uns wie ausgemacht am Bahnhof, und durch Zufall (weil ich mir ein Salamander-Kappy kaufte) stellten wir fest, dass beim Kauf der Karten das System der Schneebergbahn fehlerhaft arbeitete, und wir eine Karte zu wenig bekommen hatten. Statt einer Sammelkarte sollten es eigentlich zwei Einzelkarten sein. Wir bekamen diese aber ohne Problem neu ausgedruckt, aber ich finde das eine Schlamperei. Denn ohne diesen Kappy-Kauf wären wir am Drehkreuz gescheitert, ohne zu wissen warum! Dann gings los. Wir konnten nach gut 30 Minuten Wartezeit im Bahnhofsgebäude, in den Zug einsteigen. Der Fahrpreis von Euro 26,10 nur hinauf war heftig. Doch im Laufe des Tages sollten wir noch einige Überraschungen erleben. Im Zug selbst kamen wir uns vor wie die Sardinen in der Dose! Eng geschlichtet, kaum Raum zum Bewegen, vollgepfercht für maximalen Gewinn. Dann endlich gings los. Die Bahn fuhr ab. Thomas saß in dem Zug vor uns, und hatte so zwei Minuten Vorsprung. Bei uns im Wagon fing dann die kleine Hölle an. Kindergeschrei vom Feinsten (Warum schleppe ich Kleinkinder einen Berg hoch, obwohl sie gar nicht wollen?? Und warum haben Kinder von heute keine Erziehung mehr und dürfen plärren und schreien so viel sie wollen??), Werbedurchsagen für die bahneigenen Shops alle paar Minuten über Lautsprecher in maximaler Lautstärke, und dann auch noch ein Zwischenstopp auf der Strecke (beim Baumgartner), um überteuerte Buchteln zu kaufen, die im Prinzip nichts schmeckten, weil einfach Massenware. Nach gut 40 Minuten kamen wir dann aber doch oben am Hochschneeberg bei der Bergstation an. Die Massen verließen die beiden Züge und machten sich wie die Ameisen in alle Richtungen auf und davon. Furchtbar. Zu diesem Zeitpunkt bereute ich schon diese Wanderung, dabei standen wir erst am Start der Tour.

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Hier oben trafen wir dann auch Alfred und seinen Nachbarn Karli. Wir quatschten kurz über das bevorstehende Gewitter dass sich nun plötzlich anschlich, stellten fest dass wir selbst genügend an Ausrüstung dabei hatten, und machten uns aus, nach unserer Tour bei Alfred und Grete zu Hause vorbeizuschauen. Er selbst und sein Begleiter liefen den Berg wieder runter. Die beiden hätten mit der Bahn um nur 5 Euro wieder runterfahren können, weil sie für den Schneeberglauf trainierten, verzichteten aber darauf weil Alfred für seinen Hund 13 Euro für die Bahnfahrt bezahlen hätte sollen!! Eine Frechheit! So trennten wir uns, und wir machten uns nun auf den Weg von der Bergstation in Richtung Fischerhütte auf 2049 Metern Seehöhe. Gerade am Dammböck-Haus vorbei, begann es zu regnen. Hier wurden wir das erste Mal nass. Egal. Unsere Jacken waren schnell angezogen, und wir marschierten weiter. Der Regen hatte den Vorteil, dass sich die Menschenmassen in die unteren Hütten verzogen, und nur mehr wenige weiter nach oben wanderten. Irgendwann wurde es Thomas zu steil, und er gab auf. Es ist immer gut sich selbst richtig einzuschätzen, und zu sagen: Stopp, das schaffe ich nicht, ich drehe um! Denn Unfälle passieren in den Bergen nur durch Selbstüberschätzung! Und so stieg Thomas wieder ab, und wartete dann in der Dammböck-Hütte auf Chris und mich. Beim letzten Anstieg in Richtung Fischerhütte, erwischte uns dann das Gewitter mit voller Wucht. Starkregen, Hagel, Nebel, und jede Menge an Blitzen und Donnergrollen begleiteten uns nach oben. Ist schon ein klammes Gefühl, wenn es so nah blitzt und kracht. Doch aller Wetterwidrigkeiten zum Trotz kamen wir um 11 Uhr an der Fischerhütte an und kehrten auf ein Getränk ein. 5 Euro für einen Apfelsaft mit Leitungswasser! Das zahlte ich bisher in keiner einzigen Hütte in Salzburg, Kärnten oder Tirol! 70 Schilling in guter alter Währung für 0,2l Apfelsaft mit stinknormalem Wasser auf einen halben Liter gestreckt …

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Lange blieben wir nicht. Trotz leichtem Hungergefühl verzichtete ich auf einen kleinen Snack da oben, denn ich hatte ja keinen Geldscheißer mit! Wir wollten sowieso noch weiter, und Thomas wartete ja unten auf uns. Wir brachen also zum Gipfelkreuz am Klosterwappen auf. Auf 2076m Höhe stand es, und war das Ziel unserer Begierde, dass wir nach 15 Minuten auch erreichten. Dazwischen hatten wir noch eine lustige Begegnung mit einer Wanderin, die uns dabei zuhörte wie wir uns über jene Wanderer mokierten, die in dieser Höhe nicht den üblichen Gruß leisten konnten, sondern nur blöd dreinschauten wenn man “Grias Di”, oder “Hallo” sagte. Im Vorbeigehen, lachte sie, und meinte dass wir Ihr aus der Selle sprechen würden, auch sie ärgere sich darüber! Übertrieben freundlich verabschiedeten wir uns dann und wir mussten alle drei herzhaft lachen! Das sind die Momente einer Wanderung, an die man sich erinnert!

Oben wurden dann die ersten Gipfelkreuz-“Fremdies” wurden gemacht (Selfie = Foto selbstgeschossen, Fremdie = Foto vom Begleiter gemacht. So haben wir das heute definiert! *lach*) und hier verfluchte ich Thomas! Ich hatte extra zwei Fat-Ladies (Zigarren) für den Gipfel besorgt, und nun hatte ich kein Feuerzeug, weil ich ja sonst Nichtraucher bin, und ich mich auf ihn verlassen hatte …

Nach 10 Minuten stiegen wir auf der hinteren Seite des Klosterwappens dann ab. Die Bezeichnung Steinleiter bezeichnet den Weg da runter am Besten. Nächstes riesen Manko: Eisenrohre, die 20cm aus dem Boden ragten (am Weg!) und bei einem Sturz zu extremen Verletzungen führen könnten!  Sowas habe ich noch nie auf einem Wanderweg gesehen! Unfassbar in welchem Zustand die Wege da oben sind. Nachdem wir das gesehen hatten, gingen wir vorsichtiger weiter, und erreichten dann irgendwann das Dammböck-Haus wo Thomas saß. Schnell eingekehrt und ein Getränk gekauft (Soda-Himbeer, Euro 3,50 …) und gleich Pläne geschmiedet, wo Thomas die Augen verdrehte. Wir sagten, wenn wir schon hier oben sind, dann machen wir das zweite Gipfelkreuz am Wachsriegel (1888m) auch machen. Thomas beschloss zur Bahnstation abzusteigen, und Chris und ich machten uns auf den Weg zum Wachsriegel. Der Aufstieg war nicht so schlimm, und wir kamen schnell voran. Auch da machten wir wieder unsere “Fremdies”, und stiegen dann anschließend zur Bahnstation ab, wo wir Thomas wieder auflasen.

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Jetzt ging es dann so richtig für uns los. 8km Abstieg über 1200 HM warteten auf uns. Unser nächsten Ziel war der “Baumgartner”, aber sicher nicht für die dort angepriesenen Buchteln. Die 1 1/2 Stunden Abstieg (Laut Tafeln 1 Stunde) waren einfach nur eine Qual. Der Weg zerklüftet, man hatte keinen richtigen Halt, losgebrochene Steine, Steilstücke die ohne Sicherung fast nicht rutschfrei zu gehen waren, und Wegweiser deren Zeitangaben einfach anzuzweifeln sind! “Baumgartner 45min”, und am selben Pflock stand “Baumgartner 30min”. nach 45 Minuten “Baumgartner 15min”, nach weiteren 20 Minunten wieder “Baumgartner 15min” … das ist eine Verarsche mit Wegweisern! Sogar Wegfarben (statt grün war blau angegeben) stimmten nicht. Nun, irgendwann trafen wir dann beim Baumgartner ein. Was uns schon die ganze Zeit über störte, auch oben am Plateau, waren die freilaufenden Hunde die weder auf ihre Besitzer und Besitzerinnen hörten, noch sich davon abbringen ließen uns zu belästigen! Und auch hier wieder. Das ist eine immer mehr um sich greifende Unart, die Hunde unkontrolliert freilaufen zu lassen! Wir kehrten also ein, und stellten uns mal an der Hütte an. Zwei “Gastarbeiterinnen” um es nett zu formulieren, fanden es nicht der Mühe wert, freundlich zu sein. Ist ja sowieso nur eine Massenabfertigung hier oben. Man merkt das überall. Profit geht über alles, Freundlichkeit und Gemütlichkeit bleibt überall auf der Strecke. Die Preise wie überall hier am Berg: Gesalzen! Ich trank einen Radler und nahm mit das Bergsteigeressen (Leberkäse mit Spiegelei und Kartoffelsalat) und legte mal so kurzerhand 10,50 Euro hin. Das Essen war genießbar, die Portion ausreichend, aber trotzdem ist es ein Wahnsinn wie man hier abgecasht wird. nach 30 Minuten machten wir uns dann auf den Weg, um die letzten Kilometer und 800 HM abzusteigen. Die Odyssee begann nochmals so richtig gemein zu werden.

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Der Forstweg der sich als “Bahnwanderweg” bezeichnete, war gesäumt von Müll und Dreck. Jeder hinterließ hier offensichtlich seine “Marken”, inkl. der Jäger und Einheimischen. Von PU-Schaumdosen mit Schaumresten, über Fackelreste, Plastikflaschen, sonstigem “Wandermüll”, sogar ein verrostetes Autowrack (!) … wir sahen vieles was da nicht hingehörte. Der Weg selbst war eine steile Rutschbahn mit einem andauernden Gefälle von 10-25%, das ging in Knie und Oberschenkel. Stundenlanges Bremsen und Gegenwirken ging aufs Gebein. Keine ebenen Flächen um sich mal auszurasten. Einfach furchtbar und wie gesagt, eine Qual für sich. Nach über einer Stunde standen wir vor der Hengsthütte, und überlegten, ob wir da noch was trinken wollten. Plötzlich einsetzender Regen erleichterte uns die Entscheidung, und man gab seine letzten Euros aus. Das geht ja hier recht schnell. Als der regen dann aufhörte sprangen wir auf, und versuchten noch die letzte Stunde Abstieg hinter uns zu bringen, ohne ganz nass zu werden. Ein Irrglaube wie sich herausstellte. Knapp vor Puchberg saßen wir dann zu dritt auf einer Bank, und ließen uns vom einsetzenden Regenschauer berieseln. Uns konnte nichts mehr erschüttern. Wir nahmen es gelassen hin, und stellten fest, dass man echt masochistisch veranlangt sein muss, um sich das nochmals anzutun.

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Weitere 30 Minuten später kamen wir gegen 18:45 am Parkplatz beim Bahnhof und unseren Autos an. Rücksäcke rein, nasse Klamotten umziehen, und sofort die Adresse von Alfred ins Navi geklopft. Wir wollten hier nur mehr weg, und unser Versprechen einlösen, und Alfred und Grete besuchen, wo wir dann als Abschluss unseres Tages mit Kuchen, Kaffee und kalten Getränken verwöhnt wurden. Irgendwann um 21 Uhr brachen wir dann alle Heimwärts auf. Es war wieder einmal eine Erfahrung mehr, auf die wir zurückblicken können, doch diese machen wir kein zweites Mal …

Alle Fotos dieser Tour gibt’s hier in meiner Fotogalerie.

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